BerichteAbenteuerliche Fährfahrt von Bulgarien nach Georgien

Abenteuerliche Fährfahrt von Bulgarien nach Georgien

Eine abenteuerliche Fährfahrt von Bulgarien nach Georgien. Die Vorgeschichte und das Abenteuer sind hier zu lesen. Die Fahrt von Bulgarien beginnt normalerweise am Freitagabend und die Fähre ist dann normalerweise montagmorgens in Georgien.

In der Türkei habe ich aus verschiedenen Gründen (kann man auf der Seite durchlesen) beschlossen, wieder zurück nach Deutschland zu fahren. Trotzdem habe ich immer wieder gedacht, ob das wohl eine gute Entscheidung war oder ob ich doch noch Georgien und evtl. ein paar andere Länder der Region mitnehmen sollte. In Bulgarien am Schwarzen Meer bin ich auf eine Radreisende gestoßen, die die Frachtfähre von Burgas (Bulgarien) nach Batumi (Georgien) nehmen will. Die hatte ich zu dem Zeitpunkt auch schon auf dem Schirm. Nach einer Woche Überlegzeit habe ich mich dann doch nach Georgien zu fahren. Beim ersten Mal ist das ja schiefgelaufen, wie man im Post lesen kann. Jetzt gab es den zweiten Versuch. Was da alles Aufregendes und Verrücktes passiert ist, kann man hier nun lesen.

Ich wollte wirklich sicher sein, dass sie nicht ohne mich abfahren. Deshalb bin ich gleich erst mal zum Hafen gefahren und habe sowohl im Office als auch beim Schiff selbst nachgefragt. Abfahrt war für heute Nacht geplant. Also gut, so hatte ich mal wieder Zeit und die habe ich genutzt, um mich am Strand etwas zu röten und ein wenig mit dem Rad am Meer langzufahren. Am Abend bin ich dann zum Schiff. Zum Glück war es dieses Mal noch da. Die Leute waren alle auch sehr freundlich und hilfsbereit und der Check-in ging recht schnell und problemlos. Nur mein Gepäck musste ich mal wieder weit rauf schleppen. Aber damit hatte ich bereits gerechnet.

Bevor ich jetzt weiter schreibe, muss ich kurz sagen, dass ich eine tolle Überfahrt hatte, ein paar nette Leute kennengelernt habe, die meisten Leute sehr freundlich und zuvorkommend waren und auch sonst das meiste wirklich gut gelaufen ist …

Anfangs, bis ca. 23 Uhr war ich auch noch der Einzige in der Kajüte. Ich hatte aber schon damit gerechnet, dass das nicht so bleiben wird. Irgendwann kam dann auch noch ein weiterer Passagier dazu. Er hat mir in kurzer Zeit seine halbe Lebensgeschichte erzählt und kam dann mit so vielen Verschwörungstheorien, dass mir ganz schlecht wurde. Die Regierungen der Welt sind gegen uns und vor allem ihn. Und Covid wurde erfunden, um uns zu unterdrücken, und die Impfzentren sind eigentlich (so seine Wortwahl) „Konzentrationslager“ und alle Nachrichten sind Fake und er liest nur noch die „echten“ Nachrichten. Außerdem sind die Impfungen lebensgefährlich und selbst DER Hersteller des Impfstoffs (wer auch immer9 hat mittlerweile zugegeben, dass der Impfstoff tödlich ist. Ich musste ihn mehrfach sagen, dass ich auf solche Gespräche keine Lust habe und bin irgendwann aus dem Zimmer gegangen. Gegenargumente helfen da ja sowieso nicht wirklich. Leider half das nichts. Sobald ich zurück war, kam ein Wasserfall an Gelaber und ich versuche seitdem mit der Situation zu leben.

Ein Problem ist noch, dass er wohl ein Nachtmensch ist und die ganze Zeit am Rumwurschteln war. Ich hatte ihn dann gegen 1:30 gefragt, ob er nicht in den Gemeinschaftsraum gehen kann. Das ist aber nichts für ihn und ich wäre ja eh sehr sensibel und sollte mich nicht so haben. Zudem fühlte er sich angegriffen, weil ich ihn nicht respektiere und es ist ja seine Kajüte. Die Uhrzeit war hier kein Argument für ihn. Dass er nicht der einzige in der Kajüte ist scheint ihm egal zu sein und Rücksicht ist wohl nicht sein Ding. Er hat nun mal seinen Rhythmus. Das werden drei nicht besonders spaßige Nächte, befürchte ich.

Kaum war ich aufgewacht, ging die Erzählmaschine wieder an. Ich suche schon das Weite, um meine Ruhe zu haben. Das habe ich auch gemacht und bin in den Außenbereich. Es ist 9:30 Uhr, ein nicht so geringer Teil der LKW-Fahrer hat schon ein Bier in der Hand. Bin mal gespannt, wie sich das entwickelt. Gestern Abend waren ja einige recht gut dabei. Der Großteil der Leute hier scheint mir aber ganz freundlich und nett.

Aktuell heißt es, die Zeit zwischen Frühstück, Mittag, Abendessen und Schlafengehen zu überbrücken. Internet war, wie zu erwarten nicht vorhanden. Vielleicht mal gut so. Also lese ich und genieße die Sonne an Deck. Mein Gesicht ist langsam von Rot in ein dunkleres Braun übergegangen. Die gute, nach Kokos riechende Sonnencreme aus Italien kommt hier zum Einsatz, um mich zu schützen.

Das Abend- und das Mittagessen bieten auf jeden Fall nicht viel für Vegetarier. Fleisch ist in der Küche der Hauptbestandteil. Gulasch, Hähnchen, … Bisher war das Essen aber ganz passabel. Und vielleicht kann man ja mit der Küche reden. Ich habe zumindest einmal eine vegetarische Alternative gesehen.

Ich wünschte, ich hätte mehr vom Russisch behalten. Die meisten sprechen doch etwas oder etwas mehr Russisch. Da hätte ich sicher mehr Zugang zu den Leuten hier.

Es hat schon ein wenig was von einem Gefängnis hier auf dem Schiff. Der Großteil des Schiffs ist während der Fahrt abgesperrt. Man hat den Innenbereich mit Kantine und einem immer und ständig verrauchten Aufenthaltsraum und die Kajüte, die in meinem Fall leider zu 99% von meinem gestörten Verschwörungstheoretiker in Anspruch genommen wurde. Dann gibt es noch den ca. 70 qm Außenbereich. Solange die Sonne geschrien hat, war das super, um meinen Sonnenbrand zu befeuern, E-Book zu lesen und dann doch noch ein paar Schwätzchen zu halten.

Ausschank vor der Kombüse
Ausschank vor der Kombüse

Mit einen älteren armenischen LKW-Fahrer hatte ich mich mit Händen und Füßen verständigt. Mit anderen Leuten, vor allem Georgiern auch. Dann sprach aber einer ziemlich gut Deutsch mit einer anderen Gruppe. Er war Georgier, der in Deutschland lebt und sie waren Ungarn, die Rinder nach Armenien (glaube ich) bringen. Endlich konnte ich mal wieder mit jemanden kommunizieren und musste mir nicht nur die Monologe meines Querdenkers anhören. Zu guter Letzt hat mir der Georgier auch noch gesagt, dass es besser ist, von Georgien zuerst nach Aserbaidschan zu fahren und dann über Georgien nach Armenien einzureisen als andersrum. Der armenische Stempel könnte zu Komplikationen bei der Einreise nach Aserbaidschan führen, während das andersrum wohl kein Problem ist.

Es war trotz Verschwörungstheoretiker eine gute Erfahrung. Es gab zu viel Essen dafür, dass ich mich kaum bewegt habe, und das Essen war immer ganz OK. Die Kajüten sind groß und die Betten ganz OK und jede Kajüte ist mit eigenem Bad ausgestattet. Zwei volle Tage muss man sich aber dann doch beschäftigen.

Die ganze Zeit der Überfahrt war ruhige See. Am Ende der Fahrt, die letzten Stunden, haben wir dann doch noch ordentliche Wellen und Unwetter bekommen. Im Bett ging zuerst der Kopf hoch, um dann die Welle Richtung Füße zu nehmen. Es ist auf jeden Fall eine interessante Erfahrung. Sonst habe ich das ja immer nur im Sitzen erlebt.

Während der Fahrt hat die Fähre ordentlich Gas gegeben, damit die Verspätung von letzter Woche wieder rausgeholt werden kann. Eigentlich hätten wir dann auch gegen 2 Uhr nachts von Bord gehen solle. Hier in Batumi ist aber schlechtes Wetter und der Hafen gesperrt. Dadurch konnte ich zumindest länger schlafen. Für die Crew und die LKW-Fahrer ist das eher nicht so doll. Es sollte dann den ganzen Tag noch gesperrt sein. Der dritte Tag, an dem nicht viel passiert. Dafür gab es ein paar ordentliche Wellen. Oder sollte ich sagen, es gab den ganzen Nachmittag und die ganze Nacht durch ordentlich Wellen. Teller sind rumgeflogen, das Schiff hatte ordentlich Seitenlage, teils musste man alles festhalten, was nicht festgemacht war. Ich hatte sogar meinen Fahrradhelm aufgesetzt und ganz nur so zum Spaß war das nicht. Einer der LKW-Fahrer hatte sich irgendwie ziemlich in den Finger verletzt als eine Tür zuknallte. Ärztliche Hilfe ist schwierig zu bekommen. Man müsste ihn bei dem Wellengang mit dem Hubschrauber abholen.
Im Fernsehen lief dann auch noch dieser amerikanische Film aus dem 40ern, wo sie mit einem alten Dampfer einen Fluss runterfahren. Ich weiß gerade nicht, wie der Film heißt. Das Boot heißt irgendwas mit „Queen“. Das finde ich raus, wenn ich wieder Internet habe. Das habe ich hier nämlich seit Tagen nicht und meine deutsche SIM ist quasi leer. Der Film heißt „African Queen“.

Und die armen Kerle hier vom Schiff ackern sich den Arsch schon seit heute Morgen ab und haben sicherlich auch eine längere Nacht.

Am nächsten Tag, den 13. 4., hieß es dann endlich, wir fahren in den Hafen. Es hat zwar noch eine ganze Weile gedauert, bis dann die Grenzpolizei uns kontrolliert hat, aber es ging los. Und ich bin den Typen los.

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